November 2022
Zu Beginn der Pandemie sprachen sogar ganz junge Menschen in wehmütigem Ton von ihrer Kindheit, also dem Teil der persönlichen Biografie, der bereits vergangen war. Die Gegenwart offenbarte sich ihnen plötzlich als schwarzes Loch, in das man hineinruft, ohne daß ein Echo herausschallt. Aufgrund fundamentaler Erschütterung wie nun heute und morgen weiter gelebt werden kann, suchen Menschen Antworten auch in ihrer Vergangenheit. In der Geborgenheit des Wissens, das eigene Leben hat nachweisbar stattgefunden. Da waren die Geschwister, Mitschüler, Eltern, sie wurden geliebt und haben genervt; vielleicht gab es eine durchlittene Ausbildung; schöne Ferien und die gewohnte Fernsehsendung. Oder überstandene Katastrophen, etwa das Ende einer Liebe, Beinbrüche, verpatzte Prüfungen, abgefahrene Züge…. Die eigene Biografie bereits mitten im Leben zu überprüfen kann zu ernüchternden Einsichten führen und auf unbekannte Wege. Unweigerlich besteht das Risiko, bei einer solchen Innenschau auf die Erkenntnis zu stoßen daß es in Allem was bereits erfahren wurde und in dem was noch kommen wird nur eine einzige Gewissheit gibt: am Ende unserer Existenz auf Erden erwartet uns der Tod. Wir, als Mitglieder der fragwürdigen Spezies Homo Sapiens sind gefordert mit diesem überwältigenden Wissen unser Leben zu gestalten. Eine gültige Antwort wie diese Aufgabe gut gelingen kann, wurde bis heute nicht gefunden. Weiterhin wird sie von Philosopen erforscht und die Weltreligionen haben ihren Ursprung darin. Viele Menschen finden Trost in ihrem Glauben, viele nicht mehr. Zwischen Eros und Thanatos zu stehen, den gegensätzlichen Prinzipien menschlicher Existenz, macht uns verletzlich. Aber genau in dieser Sensibilität mag ein Weg liegen, dem eigenen Dasein zu begegnen. Mit Narben und Wunden, die das Leben hinterlässt, mit unserer ganzen Vulnerabilität. Zwischen der Lust am Dasein und der Spannung die es erzeugt, daß niemand weiß, wann er die Welt wieder verlassen wird, begeben wir uns mit der Geburt auf eine menschliche Gratwanderung. Riskant und Unvorhersehbar.
Mit FUTUROPASSATO werden Möglichkeiten ertastet, dem Kleinen und Großen zu begegnen, Schritte in die Luft zu tun, Sprünge in Abgründe, und aus der Ferne Blicke in die Hoffnung zu riskieren. Daß es sich lohnt. Immer wieder. Ich weiß, daß ich irgendwann sterben werde. Und trotzdem stehe ich jeden Mogen auf und freue mich auf´s Frühstück. Jonathan Frantzen
Was wir haben, ist Bewegung, Ton und Wort. Das das Erzählen von Geschichten und Singen der Lieder. Was wir haben sind wir selbst und die Gesellschaft der Menschen, die uns umgibt.Was wir haben ist die Unbedingtheit des Lebens, das gelebt werden will. Mit Zuversicht, Humor, Neugier und dem Wagnis, Grenzen zu öffnen.
FuturoPassato
SKIZZEN ZUR INSZENIERUNG Vier Tableaus zwischen performativer Improvisation und komponierten Sequenzen aus Tönen, Tanz und Sprache. Choreografische Elemente des Tanzes und spontane Begegnung ist möglich, verfasste Musik oder Texte und freies Erzählen, Klänge.
BÜHNENBILD & AUFFÜHRUNGSORTE Eine mobile Gestaltung des Bühnenraumes ermöglicht es, die Performance ebenso in diversen Räumen wie Open Air aufzuführen. Die ersten Aufführungen werden in der Trauerhalle des Wiesbadener Südfriedhofes stattfinden. Als weitere Spielorte sind die Trauerhalle des Frankfurter Hauptfriedhofes angedacht, sowie in Kooperation mit dem Museum für Sepulkralkultur eine entsprechende Räumlichkeit in Kassel.
THEATER MEMBRAN wurde Mitte der 1990er von Leila Haas gegründet und hat in unterschiedlichen Besetzungen Performances, Stücke, Lesungen u.a. aufgeführt.
ENSEMBLE FuturoPassato
Leila Haas Recherche, Text, Performance | Ute Bühler Tanz | Mirjana Petercol Akkordeon | Wolfgang Schliemann Perkussion | Rüdiger Steiner Bühnenbild | Gabi Theisen Aquise, Sekretariat